Acts 22

Text: Apostelgeschichte 22,1-22 Pauli erbaulicher Vortrag, darin er seinen vorigen Eifer im Judentum, seine Bekehrung, und jetzigen Beruf erzählt. Es ist ein ansehnlicher Beweis, welche Bewahrung und Kraft vom Frieden GOttes Paulus genossen hat, daß er bei einem solchen Sturm doch gleich zu solch einer heiteren und nüchternen Ansprache gefaßt war. Auch des anwesenden Volks Stille war eine Rührung von der Hand GOttes, wenn sie nur unverrückter daran geblieben wären. Es kommt oft noch dergleichen vor, daß einer so lange auf einen Vortrag achtet, bis Etwas kommt, das ihm zum harten Prüfstein wird, und ihn reizt die Wahrheit von sich zu werfen. Doch steht es sodann auf Jemandes Rechnung, als ein Wort, das einem doch gesagt worden ist. - Paulus scheint im ganzen Vortrag nur immer von sich selbst zu reden, eigentlich aber verkündigt er die Tugenden desjenigen, der ihn von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hatte. Nicht ohne göttliche Traurigkeit und deren merkliche Äußerung wird Paulus von seiner vorigen Feindschaft wider das Evangelium geredet haben; und welche Macht der Gnade ihn endlich von dieser Trunkenheit so weit nüchtern gemacht habe, daß er sich besann: Warum? und von diesem zu dem weiteren Geschäft eines zerbrochenen Herzens, zu der Frage kam: Was soll ich tun? Von da an wurde die so außerordentlich angefangene Bekehrung Pauli wieder in das ganz gewöhnliche Geleis eingeleitet, auf welchem er in Damaskus durch den Dienst eines bewährten Jüngers weiter über Das berichtet werden sollte, was ihm der GOtt seiner Väter verordnet habe. Dieser hat ihm dann angedeutet, daß es GOtt wohlgefallen habe ihm zu helfen, und ihn zur Erkenntnis der Wahrheit. Oder des ganzen göttlichen Willens und Rats zu bringen. Wie ganz etwas anderes ist dieses, als wenn Jemand vorher über einem oder dem anderen Stück ein Eiferer mit Unverstand gewesen ist. Sonderlich aber wollte GOtt in Paulus seinen Sohn offenbaren, welchem Ananias hier den vielbedeutenden Namen des Gerechten gibt, den er auch in allem dem Ansehen und in der Würde, worin er vor dem Vater steht (1.Joh. 2:1) und in Allem dem Guten, daß er an uns beweist (Jes. 53:13) , nachdrücklich behauptet. GOttes Verordnung über Paulus aber ging noch weiter, nämlich dieses nicht nur für sich und zu seiner Seelen Heil zu erkennen, sondern auch davon gegen alle Menschen zu zeugen. Darum wurde ihm noch besonders herzlich und dringend in der Taufe auf den Namen des HErrn JEsu das Abwaschen aller seiner Sünden angetragen; damit er sein Zeugenamt von Christo und die dazu nötige Freudigkeit nicht hinaussetzte, bis die vielen von ihm angerichteten Ärgernisse durch einen langen Lauf im Weg der Wahrheit getilgt wären, sondern daß er auf die - ihm widerfahrene Barmherzigkeit alsobald getrost wäre zum Exempel für Alle, die auch noch diesen Namen zum ewigen Leben anrufen sollten. - Was Paulus bisher von seiner Herumholung aus dem Irrtum seines Wegs gemeldet hatte, das ist meist auch schon oben Kap. 9 vorgekommen. Nun aber gedenkt er eines Umstandes, der in seiner sonstigen Lebensgeschichte nicht vorgekommen, der aber bei dieser Gelegenheit auch noch an das Licht kommen mußte, nämlich eine im Tempel zu Jerusalem gehabte Erscheinung des HErrn JEsu, durch welche er vorzüglich zum Heiden = Apostel bestellt wurde, wobei aber doch Paulus sich so viel Liebe für seine Brüder nach dem Fleisch, und ein solches Ringen für das Heil Israels anspüren ließ, daß man doch ja seine Arbeit unter den Heiden nicht für einen feindseligen Übergang und Abfall von dem GOtt ihrer Väter hätte rechnen sollen. Aber eben hierüber brach der jüdische Neid in Denen aus, die, so wenig sie selbst in das Reich GOttes hinein wollten, so heftig wehrten, daß Andere nicht hinein kämen, und den Heiden das nicht gesagt würde, wodurch sie sollten selig werden. Man sieht also hieraus, was Paulus für Grund hatte, von seinen Banden und Trübsalen mehrmals zu sagen, daß er selbige für die Heiden leide, weil sein Bekenntnis von seinem Beruf zum Heiden Apostel den Juden am unleidentlichsten war. Text: Apostelgeschichte 22,23-30 Durch der Juden Toben wird Paulus weiterer Vortrag unterbrochen, der Oberste veranlaßt, ihn in das Lager zu führen, woselbst er ihn unter Staupenschlägen zum Geständnis der Wahrheit bringen wollte, Paulus aber sich auf sein römisches Bürgerrecht beruft, und also diesem schmählichen Leiden entgeht, die Untersuchung aber vor den Rat zu Jerusalem gezogen wird. Bei der Welt Gerechtigkeit und Hilfe zu suchen, hat zwar der HErr JEsus seinen Leuten ernstlich mißraten (Mt. 5:39 ff.) . Es läuft auch gemeiniglich mit allem Gesuch so ab, daß man findet, der Heiland hat die Welt auf alle Zeiten hinein am besten gekannt, und seinen Rat fast buchstäblich befolgen, ist gemeiniglich doch das Beste. Inzwischen eine so geschmeidige Anfrage zu machen, wie Paulus da getan: Ist es auch recht bei euch? gehört unter das, was GOtt seinen Kindern von der Welt her zu gebrauchen eingeräumt hat. Freilich stoßen Gebrauch und Mißbrauch in manchen Fällen, und so auch in diesem nahe zusammen. Die Grenzen lassen sich in das Ganze hinein nicht so bestimmen. Wer sonst im Leidenssinn Christi steht, seine Schmach für größeren Reichtum zu achten gelernt hat, als die Schätze Ägyptens, dem wird dieser Geist schon auch darauf deuten, was er in jedem einzelnen Fall zu tun habe. - Wohl dem, dem GOtt seinen Weg so niedrig durch die Welt gebahnt hat, daß er sich an Anderen aus Übereilung zu vergreifen nicht leicht Gefahr läuft. Wohl auch dem, den GOtt zum Unrecht leiden so lenkt und schult, daß er damit auch vor dem Unrechttun selbst im Hilfesuchen gegen das Unrecht verwahrt ist. - Wie Paulus zu dem römischen Bürgerrecht gekommen sei, ist nicht wohl zu bestimmen. Seine Eltern mögen es erkauft, oder auch bei Kriegszeiten und anderen Vorfallenheiten solche Verdienste um den römischen Hof gemacht haben, daß sie damit beschenkt worden sind. Auch von jetzigen Gesetzen, Ordnungen und Gewohnheiten in der Welt kommt noch immer etwas den Christen zu gut. Wen man als einen Christen zu unterdrücken sich nicht scheute, den muß man oft um anderer Betrachtungen willen schonen. So bringt GOtt in dieser Zeit seine Kinder und auch seine Kirche durch, weil es nun schon so ineinander geflochten ist, daß man um des Gleichgewichts willen in der Welt auch die Kirche nicht gar fallen lassen kann. O wenn Mancher erst an jenem Tag erfahren wird, wen er vor sich gehabt und mißhandelt hat, was wird es da für Schrecken geben.
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